Xeno Müller und Jamie Koven gehören zu den Legenden unserer Sportart. Beide waren im Abschlussjahr 1995 der Brown University und 1993 Mitglied des unumstritten besten Schwergewichts-Achter in der Geschichte des intercollegiate-Rudersports in den USA. 

Beide waren Freunde in den Universitätszeiten, danach dominierten sie für zwei Jahre die Saisonhöhepunkte im SkiFF. Xeno Müller gewann für die Schweiz 1996 Olympiagold, Jamie Koben erklomm im darauf folgenden Jahr den Einerthron in seinem ersten Jahr völlig überraschend. 

Beruflich trennten sich die Wege der beiden Individualisten nach ihren Karrieren. Xeno Müller ist Inhaber eines Fitnesstudios, das sich auf Ergometer-Rudern spezialisert hat.  Jamie Koven stieg in die Hochfinanz als Financial Analyst bei der Boston’s State Street Capital Corporation ein. 

Der Brown-Achter von 1993, trainiert von Coach Steve Gladstone war mit viel Talent und unglaublich Erfahrung gesegnet. Vier Ruderer hatten vorher schon internationale Erfahrung, die weiteren vier Athleten nicht minder begabt. Der Achter gewann nicht nur alle Rennen, brach mehrere Rekord, sondern schaffte auch das Triple des US-Rudersports:  Eastern Sprints, Intercollegiate Rowing Association Championship und die National Championship. darüber hinaus dominierte in diesem Jahr der Achter die Henley Royal Regatta im Ladies Plate Challenge Cup. 

Koven und Müller waren die Asse im perfekten Blatt von Coach Gladstone, der ihr Talent gut einschätzte. Er bemerkte damals schon: „Jamie hat die besten Anlagen von allen im Team, körperlich die besten Voraussetzungen. Er will siegen und er weiß, wie man siegt.“ 

Xeno Müller schätzte er anders ein: „Xeno trainiert immer um der Beste in der Welt zu werden. Nur das Gold zählt für ihn!“ Xeno Müller brach nach dem fantastischen Jahr 1993 die Achter-Dynastie, indem er sich wieder auf den Einer konzentrieren wollte. Coach Gladstone: „Er enttäuschte mich unheimlich. Ich sagte ihm, dass diese Entscheidung ein Fehler sei. Er schuldete dem Team und seinen Kameraden ein weiteres Jahr. Ich sagte ihm damals, das er es bereuen wird! Doch er bewies mir das Gegenteil, und zwar in der extremsten Form!“

Xeno Müller trainierte auf dem gleichen Gewässer, dem Seekonk River, neben „seiner“ alten Brown-Crew, die weiterhin national überragte. Doch der Glanz des Jahres 1993 ging mit Müller, der nicht zu ersetzen war. 

Jamie Koven blieb im Brown-Achter, er qualifizierte sich in der Folge für das US-Team und holte 1996 in Atlanta im Vierer ohne einen enttäuschenden fünften Platz. „Es war mein Traum eine olympische Medaille zu gewinnen, und ich habe diesen Traum immer noch. Die Niederlage war ein große Enttäuschung, es hinterließ einen faden Beigeschmack!“ 

Dann kam die Saison 1997 mit dem Sieg bei den Weltmeisterschaften in Aiguebelette (Frankreich). Kein Wunder, denn in der Familie Koven steht Rudern seit Generationen auf dem Programm. Ur-Großvater Koben war ein „Waterman“ an der Westküste. Diese Profession verlangte, dass man als erster bei den ankommenden Schiffen mit seinem Ruderboot anlegen konnte, um jeden erdenklichen Service zu bieten. Nur der Erste konnte den Abschluss machen, dies gelang Koben so gut, dass er in der Folge Crowley Maritime gründete. Zur Jahrtausendwende hatte diese Firma mehr als 5000 Arbeiter, weiterhin war es ein Sponsor von der olympischen Kampagne von Koben. 

1997 sagte Jamie Koven zu Journalisten, die ihn nach seinen Ambitionen fragten, dass er keine Ziele hätte. Er war einfach entspannt und wollte sein Bestes geben. Das reichte erst mal für das Finale zur Überraschung der Fachwelt. Im Finale startete Koben gut, an der 1000m Marke ruderte er dann das taktische Brown-Manöver. In seinem ersten Jahr war er 1992 dieses Manöver auch im Achter gerudert. Brown´s Freshman Crew setzte den „Bruno“ bei 1000m, danach war die Crew der Huskies gebrochen. Im 1997-Finale fuhr er auch einen „Bruno“ – zwanzig Schläge mit allem, was man hat. Koven verzählte sich wohl, denn der Spurt dauerte knapp 200m. An der 1500m Marke hatte er mehr als eine Länge Führung. Koven sagte später im Interview: „Bei der 1500m Marke wusste ich, dass ich eine Medaille gewinne. Bei der 1750m Marke war ich mir dann sicher, dass ich gewinne.“ Der fade Beigeschmack von 1996 war verpflogen. 

Doch in der Rückschau begann mit dem ungeahnten Höhenflug 1997 der ruderische Abstieg von Jamie Koven. 1998 auf der Henley Royal Regatta musste er sich im Finale dem jungen Marcel Hacker geschlagen geben. Koven war nach dem Finale völlig fertig, er verkroch sich im Bootszelt und schien gebrochen. Dann hatte er einen Bootsschaden im entscheidenden Halbfinale 1998 auf der Ruder-WM in Köln. Im Halbfinale verlor er das Skull, musste die Dolle wieder schließen und hatte anschließend den Kampf um das A-Finale verpasst. Bei den Olympischen Spielen in Sydney war Koven für den Einer vorgesehen, doch die eigenen Erwartungen waren nach dem WM-Titel zu hoch. Wieder gelang keine Medaille, wieder musste Jamie Koven nach dem enttäuschenden fünften Platz mit einem faden Beigeschmack von der Ruderbühne abtreten. Er kam nicht wieder, sondern holte sich in der Hochfinanz seine Erfolgserlebnisse und in den letzten Jahren ein Vermögen, dass Gerüchten zufolge einen entspannten Lebensabend schon jetzt ermöglicht. 

Das Head of the Charles Rennen 2010 war der Startpunkt für die olympische Kampagne 2012. Jamie Koven hat sich vorgenommen, die Olympischen Spiele 2012 im Einer zu bestreiten. Er hat den Startpunkt für sein Comeback mit einer sehr guten Platzierung gesetzt, aber wer seine Gesichte kennt, der weiß – nur eine olympische Medaille motiviert ihn und bringt ihn zurück in den Rudersport. Der große Rob Wadell, der den Einer nach dem WM-Titel von Koven 1997 in der Folge drei Jahre dominierte, hat es 2008 nicht geschafft. Das reizt vielleicht Koven gerade, um das Unmögliche zu schaffen. Es wird zuerst ein Kampf gegen sich selbst, danach erst warten Tufte, Synek, Drysdale, Hacker und Campbell! 

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